Ich bin nicht mehr ganz der Jüngste, meine Schulzeit begann im Jahr 1968. Damals ging es in den Pausen - speziell in jenen am Schulhof - ab und zu recht heftig zur Sache. Manche Konflikte wurden in den Sechzigern und Siebzigern halt noch durchaus handgreiflich geregelt, aber die Streitparteien waren meist ebenso rasch wieder versöhnt wie sie sich vorher zerstritten hatten. Es gab aber immer wieder Schülerinnen und Schüler, die weder zur Problemlösung beitrugen noch im Streitfall für jemanden Partei ergriffen. Nicht dass sie so diplomatisch gewesen wären, nein, am Streit selbst beteiligten sie sich schon: Sie brachten sich irgendwo halbwegs sicher in Deckung und provozierten von dort aus die Streithähne mit boshaften und untergriffigen Zwischenrufen. Bei uns am flachen Land hießen sie "die Staudenhocker": irgendwo im Gebüsch versteckt, mit großer Klappe herumstänkern aber zu feig, um selber aktiv einzugreifen. Von uns haben sie dafür keinen Respekt geerntet und den hätten sie auch nicht verdient gehabt.
Es scheint aber so, als wäre ein derartiges Verhalten inzwischen nicht nur akzeptiert sondern sogar erwünscht. Unsere Regierung hat nämlich genau das im Zusammenhang mit dem UNO-Migrationspakt auf niedrigstem Niveau vorexerziert. Im heimatlichen Österreich wird lautstark und mit viel Getöse gegen den Migrationspakt geschimpft. Der ganze Paket wird verteufelt und zur Stärkung der eigenen Position werden noch ein paar Fakten wirkungsvoll verdreht und angezweifelt.
Als es aber darum ging, Farbe zu bekennen, hat sich Österreichs Regierung wieder ein Mal nicht aus der Deckung gewagt. Am 10. Dezember wurde in Marrakesch über den von Blau und Türkis so strikt abgelehnten Pakt abgestimmt und die österreichische Regierung hat sich - wie mutig - der Stimme enthalten. Wer so vehement gegen diesen Migrationspakt wettert sollte eigentlich die Courage haben, bei der Abstimmung darüber "Nein" zu sagen. Aber das Problem ist bekannt: Dafür hätte man Mut gebraucht.
Jetzt werden bestimmt ein paar Regierungstreue laut aufschreien: "Das war doch keine Feigheit, das war Diplomatie!" Nein, war es nicht. Diplomatie ist die Kunst und Praxis des Verhandelns. Laut herumstänkern, aber im entscheidenden Moment kleinlaut in Deckung gehen, das machen nicht die Diplomaten, das ist der Weg der Staudenhocker. Und die heißen in Sachen Migrationspakt Kurz, Strache und Kneissl.